Dian Fossey

 Ihr Kampf für die Berggorillas in Ostafrika bis zur Selbstaufopferung

 

Dian Fossey wurde am 16. Januar 1932 in Faifax (Kalifornien) geboren.

 

Nach der allgemeinen Schulausbildung studierte sie am San Jose College in Kalifornien. Schlechte Leistungen in den naturwissenschaftlichen Fächern verhinderten das beab-sichtigte veterinärmedizinische Studium. Stattdessen absolvierte sie eine Ausbildung als Bewegungstherapeutin und arbeitete nach ihrem Abschluss 1954 mehrere Jahre in einem Kinderkrankenhaus in Louisville (Kentucky, USA).

 

Als sie mit 31 Jahren einen Vortrag von dem bekannten Anthropologen Louis Leakey über die Berggorillas hörte, war sie so begeistert, dass sie sich entschloss, Leakey bei seinen Forschungsarbeiten in Afrika zu unterstützen.

 

1963 reist sie nach Ostafrika. Im Grenzland zwischen Kongo und Uganda kam sie erst-mals in die Region der Berggorillas. Doch was sie dort vorfand, sollte ihr ganzes wei-teres Leben verändern. Die Gorillas wurden gewildert und abgeschlachtet, ihre Köpfe und Hände als makabre Souvenirs an geschmacklose Touristen verkauft. Erschreckend war vor allem die Jagd auf die Gorilla-Babys. Für ein solches Baby erzielten Tierhändler bis zu 60'000 US-Dollars. Da Gorillas ihren Nachwuchs bis zur Selbstaufopferung verteidigen, schlachteten die Wilderer die erwachsenen Tiere skrupellos ab, um an die wertvollen Gorilla-Babies zu kommen.

 Mit grosser Entschlossenheit, in Afrika mit Menschenaffen zu arbeiten, suchte sie nach Unterstützung für ein Forschungsprogramm in Ostafrika, welche sie dann auch in der berühmten National Geographic Society und der Wilkie Stiftung fand.

 

1967 begann sie im Kongo mit der Arbeit - allein mit ein paar Helfern, deren Sprache sie nicht verstand, allein mit den nächtlichen Geräuschen des Urwaldes. Vor Angst traute sie sich anfangs kaum aus ihrer Hütte.

 Ein halbes Jahr später zwangen sie politische Unruhen im Kongo nach Ruanda zu fliehen und ihr Forschungsprojekt dort neu aufzubauen. Im September 1967 gründete sie in den Virunga Mountains in 3'000 Meter ü.M. die Karisoke-Forschungsstation. In dieser nebligen und düsteren Vulkanregion hatten sich die gefährdeten Berggorillas durch die zunehmende Besiedlung in immer höhere Lagen zurückgezogen.

 Dort begann sie in der wilden Natur mit der beschwerlichen Beobachtungsarbeit dieser scheuen Menschenaffen-Spezies.

 In ihrem Buch "Gorillas im Nebel" schreibt sie darüber: "Ich hatte den tief empfun-denen Wunsch, gemeinsam mit wilden Tieren in einer Welt zu leben, die von den Men-schen noch nicht kaputtgemacht worden war."

 Wochenlang kämpfte sie sich durch das unwegsame Gelände um endlich mit den Gorillas in Kontakt zu kommen. 1970 wurde ihre hartnäckige Arbeit, die Berggorillas an sich zu gewöhnen (zu habituieren) belohnt: Sie konnte sich bis zu 45 Meter an eine Gorilla-gruppe heranwagen. Dabei machte sie ständig die Fressgewohnheiten der Gorillas nach, brach Äste ab und ass die Blätter davon. Ihre Geräusche und Gesten waren den Affen bekannt, so hatten sie keine Angst mehr und duldeten ihre Anwesenheit. Nach und nach konnte sie den Abstand verringern, bis sie eines Tages Digit, ein 2-jähriges Gorilla-männchen, sogar berühren konnte. Nie zuvor war ein Mensch so nahe an die Berggorillas herangekommen.

Die Berggorillas waren zuvor als gefährliche, furchterregende Ungeheuer bekannt. Dian Fossey bewies das Gegenteil. Sie fand heraus, dass diese Tiere geduldig und einfühlsam sind und ihre Jungen liebevoll aufziehen.

 Digit, das zweijährige Gorilla-Männchen, bekam seinen Namen aufgrund seines ver-drehten Mittelfingers, der wohl einmal gebrochen war (digit = Finger). Jeder Gorilla bekam von Dian Fossey einen Namen. Sie kannte bald ihre Tiere wie menschliche Kameraden beim Namen, ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal bei Gorillas war ihre Nasenform. Bei ihnen sind die Nasen wie bei uns Menschen die Fingerabdrücke bei jedem Tier verschieden.

 Für aussen Stehende ist es nicht einfach, sich den Aufwand dieser Forschung richtig vorzustellen: Bis ein Forscher "seine" Menschenaffen nur schon kurz zu Gesicht be-kommt, können leicht Jahre vergehen. Der Anfang einer solchen Forschungsarbeit besteht ganz bescheiden im Folgen der Fährten und lesen der hinterlassenen Spuren.

 

Nach intensiver Beobachtungsarbeit in tausenden von Stunden gewann Dr. Fossey das volle Vertrauen der Berggorilla-Gruppe und konnte so neue Ergebnisse vorher unbe-kannter Gorilla-Verhaltens beschreiben.

 Regendurchweichte, in Wolken gehüllte Berghänge, flechtenbehangene Baumgespenster und Gestrüpp bilden den Lebensraum ihrer Schützlinge. Fast 20 Jahre verbrachte Dian dort. Aus der anfänglichen wissenschaftlichen Faszination entstand zunehmend eine tiefe emotionale Beziehung zu den Berggorillas.

 Als Dian Fossey von der Gruppe akzeptiert wurde, lebte sie mit ihnen, gleichsam als ein Gruppenmitglied. Nie zuvor war dies einem Menschen gelungen.

 Dian Fossey beobachtete ihre Gorillas über 18 Jahre lang. Anfänglich forschte sie aus wissenschaftlichem Interesse, mit den Jahren schloss sie eine Art Freundschaft mit den Berggorillas und es erwuchs eine tiefe Liebe zu den Tieren ihrer Gruppe. Sie fand heraus, was die verschiedenen Rufe der Gorillas bedeuten, wie sie in der Gruppe und in der Familie leben, welche Krankheiten sie haben und wovon sie sich ernähren.

Digit wurde ihr Lieblingsaffe. Er stahl ihr gerne die Handschuhe, den Kugelschreiber oder den Notizblock und spielte mit diesen Dingen. Obwohl Dian Fossey ihren Besuchern das Berühren der Gorillas verbot, brach sie diese Regel erst bei Digit und später auch bei anderen immer wieder. So fand sie heraus, dass Gorillas es lieben, wenn man sie streichelt oder kitzelt.

 

Die Absolutheit, mit der sie für ihre Tiere eintrat, entfremdete sie aber schrittweise von den Menschen. Dian Fossey zog sich immer mehr von den Menschen zurück und lebte nur noch für ihre Gorillas. Ihre Einsamkeit in Karisoke wuchs und das ewig düstere und nasse Wetter verstärkten ihren Fanatismus und den wachsenden Hass auf die Menschen nur noch mehr; laut Kennern der Region wurde man buschkrank, wenn man zu lange auf dem Berg blieb. Nyiramachabelli, die einsame Frau des Waldes, nannten sie die Afrikaner.

 

Als Wissenschaftlerin lieferte Dian Fossey wichtige Beiträge zum Verhalten und zur Sozialstruktur der Gorillas. 1974 erlangte sie an der University of Cambridge die Doktorwürde in Zoologie. 1980 nahm sie eine Stelle an der Cornell University, welche es ihr erlaubte, mit der Niederschrift ihres Buches Gorillas in the Mist (1983) zu beginnen.

 

Diese Veröffentlichung brachte ihr weltweite Bekanntheit. Dian Fossey machte die Öffentlichkeit auf das Leben der vom Aussterben bedrohten Berggorillas eindringlich aufmerksam, was ihr dann auch half, der Wilderei von Gorillas die nötige Publizität zu verleihen.

 

Dian Fossey beobachtete ihren Lieblingsaffen Digit ganze zehn Jahre lang. Es machte sie traurig, mitanzusehen, wie das junge, verspielte Tier den Übergang von der Kindheit in eine neue Rolle innerhalb der Gruppe bewältigen musste. Als einer von den "Wach-hunden" bestand Digits Aufgabe darin, am Rand der Gruppe zu bleiben und dem herr-schenden Silberrücken beim Beschützen der anderen Tiere der Gruppe zu helfen.

 

Nach zehn Jahren Zusammenleben mit ihren Gorillas wurde die Idylle jäh zerstört. Im Kampf gegen sechs Wilderer mit Hunden kam Digit ums Leben. Er wurde von sechs Speeren getroffen. Der Rest der Berggorilla-Gruppe konnte dank seines mutigen Ein-satzes fliehen. Als man Digits Leiche fand, war sie bereits verstümmelt. Auch ihm hatte man den Kopf und die Hände abgehackt.

 Das war das schlimmste Ereignis, welches Dian Fossey mit ihren Gorillas jemals erlebt hatte. Sie war fassungslos über die Taten der Wilderer. Digits "Mörder" wurde am nächsten Tag gefasst. Als Dian Fossey mit ihm sprach, mussten sie die Polizisten mit Gewalt festhalten, damit sie nicht auf ihn losging.

 

Die Wilderei konnte nicht gestoppt werden. Immer wieder erlagen Gorillas der Gruppe den Bedürfnissen nach Fleisch oder Trophäen. Wie bereits Digit, wurden sie auf einem kleinen Friedhof für Gorillas hinter dem Haus von Dian Fossey begraben.

 Dian Fossey reagierte mit einer aggressiven Kampagne gegen die Gorilla-Wilderei. National Geographic unterstützte ihr Vorhaben dadurch, dass ihr Bild auf der Titelseite einer Ausgabe mit einem bebilderten Artikel erschien. Die finanziellen Zuwendungen aus dieser weltweiten Kampagne erlaubten Dian Fossey, die Digit Stiftung ins Leben zu rufen (1992 umbenannt in Dian Fossey Gorilla Fund DFGF) und den Rest ihres Lebens dem Schutz der Gorillas zu verschreiben. Zum Schutz vor den Gorilla-Wilderern organisierte sie Patrouillen und unterhielt eine Truppe bewaffneter Söldner, die sie mit Geldern aus eines von ihr gegründeten internationalen Hilfsfonds bezahlt. Damit aber schuf sie sich noch mehr Feinde in der Region.

 

Ein weiterer Grund, warum Dian Fossey sich bei den Einwohnern um die Forschungs-station wenig Sympathie erwerben konnte, war ihre strikte Weigerung, einen Öko-tourismus in den Virungas zu fördern und als Einkommensquelle für die indigenen Batwa-Pygmäen zu akzeptieren.

 

Am 27. Oktober 1985 fand sie vor ihrer Tür ein hölzernes Bild, dessen symbolische Bedeutung sie erkannte: Man wünschte ihren Tod.

 

Ihre extremen Handlungsweisen Wilderern von Gorillas gegenüber waren sicher die Hauptursache für den Gewaltakt, der ihrem Leben ein Ende setzte: In den frühen Morgenstunden des 27. Dezembers 1985 fand ein Mitarbeiter Dian Fosseys Leiche, halbnackt neben dem Bett in ihrer Hütte liegend, den Schädel zertrümmert mit Machetenhieben. Das Verbrechen an der mutigen Zoologin wurde nie aufgeklärt.

 

Ihr Tod erschütterte die ganze Welt. An ihrer Beerdigung nahmen viele Menschen teil. Auf ihren ausdrücklichen Wunsch wurde ihre Leiche neben Digit auf dem Gorillafriedhof begraben. Ein weiterer Wunsch von Dian Fossey war, dass auf ihrem Grabstein das Wort "Nyirmachabelli" stand (Nyirmachabelli = Die Frau, die einsam im Wald lebt).

 

Nyirmachabelli
Dian Fossey 1932-1985
Niemand hat Gorillas mehr geliebt
Ruhe in Frieden, liebe Freundin
Auf ewig im Schutz
dieses heiligen Bodens
Denn jetzt bist du da,
Wo du zu Hause warst.

 

 

Diese Worte sind jedoch nicht die letzten Worte über Dian Fossey. "Ihr Denkmal, ihre Grabschrift besteht darin, dass es heute im Parc National des Volcans mehr Gorillas gibt als je zuvor. Alleine dafür ist ihr Andenken in Ehren zu halten. Es gibt jetzt über 310 Gorillas - 90 mehr als Dian Fosseys niedrigster Stand - und es werden mehr, nicht weniger", sagte Dian McMeekin von der African Wildlife Fondation.

 

1988 wurde das Leben und die Arbeit von Dian Fossey und das Schicksal der Berggorillas in den Virungas in einem beeindruckenden Film nachgezeichnet: „Gorillas in the Mist“, von Michael Apted und in der Hauptrolle Sigourney Weaver, welche durch die Filmarbeit mit den Gorillas von diesen Menschenaffen so begeistert war, dass sie sich fortan aktiv für das Schicksal der Berggorillas einzusetzen begann. Sigourney Weaver ist heute Ehrenpräsidentin des Dian Fossey Gorilla Fund (DFGF).

 

Literatur zu Dian Fossey

 

Herold Hayes: "Dian Fossey. Die einsame Frau des Waldes"; Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München
Farley Mowat: "Das Ende der Fährte"

 

Buch von Dian Fossey

 

Dian Fossey: "Gorillas im Nebel"; Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf., München